Ärztlicher Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit
10.09.2003
Kategorie: Aktuelle Urteile - Arbeitszeiten
Der Bereitschaftsdienst eines Arztes muss in vollem Umfang als Arbeitszeit gewertet werden. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am 9. September 2003. Ausgangspunkt der Entscheidung war die Klage eines Arztes gegen die bisher in Deutschland übliche Praxis, nach der der ärztliche Bereitschaftsdienst - mit Ausnahme der Zeiten tatsächlicher Tätigkeit - als Ruhezeit eingestuft wird. Der Mediziner hatte seine Klage vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingereicht. Dieses Gericht bat den EuGH um eine Entscheidung, ob das deutsche Recht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Dies ist nach Ansicht der europäischen Richter nicht der Fall. Die in Deutschland gültige Regelung verstößt gegen eine EU-Gemeinschaftsrichtlinie (Richtlinie 93/104 vom 23.11.1993). Entscheidend sei dabei, dass sich die Ärzte an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten und diesem zur Verfügung stehen müssten, um gegebenenfalls sofort ihre Leistungen erbringen zu können. Durch diese Verpflichtungen könnten die Ärzte ihren Aufenthaltsort während der Wartezeiten nicht frei bestimmen. Somit sieht der EuGH den Bereitschaftsdienst als Bestandteil der Arbeitszeit an. Auch wenn der Arbeitgeber dem Arzt einen Ruheraum zur Verfügung stellt, in dem dieser sich aufhalten kann, solange er nicht in Anspruch genommen wird, ändert dies nichts an der Auslegung des Gerichts. Schließlich, so der EuGH, unterliege ein Arzt, der seinem Arbeitgeber an dem von diesem bestimmten Ort während der gesamten Dauer seiner Bereitschaftsdienste zur Verfügung stehen muss, erheblich stärkeren Einschränkungen, als ein Arzt, der im Rahmen der Rufbereitschaft tätig ist. Im Februar dieses Jahres hatte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt in einem Urteil entschieden, dass der Bereitschaftsdienst der Mediziner nach dem derzeitigen deutschen Arbeitsrecht zur Ruhezeit zählt. Zugleich hatten die Richter betont, dass das deutsche Recht im Widerspruch zum EU-Recht stehe und vom Gesetzgeber angepasst werden müsse. Für Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes gilt das Urteil des EuGH sofort und unmittelbar. Bei privaten Arbeitgebern gelten die bislang bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes und die darauf beruhenden tariflichen Regelungen so lange weiter, bis eine gesetzliche Neuregelung erfolgt Europäischer Gerichtshof; Luxemburg; Urteil vom 09.09.2003; Aktenzeichen.: C-151/02 (Quelle: Personalverlag)