Zeitarbeitsfirmen: "Die Mitarbeiter sind unser Potenzial"
11.01.2005
iGZ
Wenn Marc Brummel über Zeitarbeit redet, weiß er, wovon er spricht. Der münstersche Niederlassungsleiter der Personalservice GmbH Hundeshagen hat sich vor sechs Jahren als staatlich geprüfter Techniker auf eine Zeitarbeitsstelle beworben. Die war zwar bereits vergeben, doch die Zeitarbeitsfirma bot ihm kurzerhand den Posten des technischen Vertriebsleiters an. „Seitdem bin ich in der Zeitarbeits-Branche aktiv“, blickt der 34jährige zurück.
(Münster, 11.01.2004) Der besondere Werdegang von Brummel ("Es gibt leider keinen Ausbildungsgang für Zeitarbeitsmanagement.") mag mit ein Grund dafür sein, dass er die Bedeutung der Mitarbeiter in den Vordergrund stellt: "Die Menschen, die für uns arbeiten, sind unser Potenzial." Sicher, räumt er ein, es gebe auch in der Zeitarbeits-Branche "schwarze Schafe", doch das habe sich mit dem Tarifvertrag schon deutlich verbessert. Den Tarifvertrag hat der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitunternehmen mit den beim DGB zuständigen Einzelgewerkschaften ausgehandelt. Zuvor gab es außer wenigen Haustarifverträgen mit Zeitarbeitsfirmen keine flächendeckenden tariflichen Vereinbarungen für den Bereich der Zeitarbeit. "Der Gewinn liegt im „Quasi – Mindestlohn“, den wir den Mitarbeitern nun zahlen müssen", erläutert Marc Brummel. Was auf den ersten Blick, insbesondere für einen Arbeitgeber, paradox klingt, ist im Grunde sehr logisch. Zwar gebe es in Einzelfällen geringere Gewinnspannen, dafür werde nun der Markt um die Firmen bereinigt, die der Zeitarbeits-Branche einen schlechten Ruf eingebracht hätten – die weißen Schafe wären dann unter sich. Ein besseres Image solle so für den nötigen Boom bei der Arbeitnehmerüberlassung sorgen: "Andere europäische Länder haben uns da Einiges voraus." Der neue Tarifvertrag sei im Übrigen auch hilfreich für den Umgang mit den Arbeitnehmern. Als "überschaubarer und transparenter" bezeichnet er die Situation bei Gehaltsverhandlungen: "Die Menschen haben nicht mehr das Gefühl, der Willkür ihres Gegenüber ausgesetzt zu sein, sondern können nachvollziehen, wieso ich ihnen einen bestimmten Betrag anbiete." Wobei für Marc Brummel der Grundsatz "Gutes Geld für gute Arbeit" wichtig ist. Er zahlt seinen Mitarbeitern auch schon mal übertarifliche Leistungen. Als "pragmatisch" begrüßt Brummel die gesetzlichen Änderungen, die vor einigen Monaten in Kraft getreten sind. So darf er nunmehr Leiharbeitnehmer ohne zeitliche Befristung an ein Unternehmen ausleihen. Das eröffne der Branche ganz neue Möglichkeiten: "Wir können nun Ersatzpersonal etwa auch für die gesamte Dauer des dreijährigen Erziehungsurlaubs anbieten – die Firmen können dann auf Ausschreibungen und befristete Arbeitsverträge verzichten." Außerdem ist es nun zulässig Menschen in Zeitarbeitsverhältnisse zu vermitteln, die nicht das Kerngeschäft des Bauwesens umfassen, also etwa auf einen Bauhof. Eine generelle Öffnung des Bauhauptgewerbes für die Zeitarbeit würde er zwar begrüßen, "doch realistisch betrachtet wird das wohl so bald nicht kommen." Zu viele Einzelfragen seien in diesem Zusammenhang noch zu klären.
Dennoch blickt Brummel zuversichtlich in die Zeitarbeits-Zukunft. Aus eigener Erfahrung weiß er um die Vorteile, die die Arbeitnehmerüberlassung bietet. Voraussetzung für eine positive Entwicklung der Branche sei jedoch, dass es gelinge, einen Imagewandel herbeizuführen: "Wir müssen bei Arbeitslosen das Gefühl wecken, dass Zeitarbeit nicht nur eine sinnvolle Alternative ist, sondern auch die Chance zum Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt bietet." Vertrauen könne man nur mit ehrlichen Informationen und einer aufrichtigen Sorge um die eigenen Mitarbeiter gewinnen. Allerdings: Heute seien es oft eher jüngere Mitarbeiter, die bereit seien, sich nach einer Fachausbildung zuerst auf Zeitarbeit einzulassen. In der Wirtschaft würden jedoch meist erfahrene Kräfte gesucht: "Das geht manchmal nicht vernünftig zusammen", berichtet Marc Brummel aus seinen Erfahrungen. Erst wenn die Gesellschaft einen unverkrampften Umgang mit der Zeitarbeits-Branche pflege, sei man da, wo man hin wolle. Für Brummel ist das Ziel klar: "Die Menschen müssen auf die Frage „Zeitarbeit?“ mit einem selbstverständlichen „Warum nicht!?“ antworten."
Marcel Speker