25.09.2003
MVZ
In einer Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 12.09.2003 wird festgestellt, dass „die Arbeitnehmervereinigung Christliche Gewerkschaft Metall, keine tariffähige Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne“ sei. Die MVZ, Mittelstandsvereinigung Zeitarbeit e.V. hat mit der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA einen Branchentarifvertrag für die Zeitarbeit abgeschlossen und nimmt zum aktuellen Urteil wie folgt Stellung. Die CGM ist eine der Einzelgewerkschaften unter dem Dach des CGB. Der Rechtsstreit zwischen der IG Metall und dem CGM dauert bereits 6 Jahre an. Der CGM wird nach eigener Ankündigung in Berufung gehen. Mit einem weiteren langjährigen Verfahren ist zu rechnen. Die durch die CGM abgeschlossenen Tarifverträge behalten auch nach diesem Beschluss weiterhin ihre Gültigkeit. Der Tarifvertrag zwischen MVZ und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften und Zeitarbeit wird durch den aktuellen Rechtsstreit nicht berührt. Die Tarifgemeinschaft des CGB wird von Einzelgewerkschaften getragen, deren Tariffähigkeit zweifelsfrei vorliegt. So ist zum Beispiel der DHV-Deutscher Handels- und Industrieangestellten Verband im CGB an vielen hundert Tarifverträgen in der deutschen Wirtschaft beteiligt und arbeitsgerichtlich als tariffähig bestätigt. Selbst wenn der CGM zu späterer Zeit der IG Metall in letzter Instanz unterliegen würde, wäre die Tarifgemeinschaft des CGB nicht in Gefahr. Das Verfahren ist ein Streit zwischen IG Metall sowie den Christlichen Metallern und kein Streit zwischen dem DGB und der Tarifgemeinschaft der Christlichen Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA, wie eventuell der flüchtigen Betrachter vermuten könnte.
Warum werden die DGB-Gewerkschaften die Tarifverträge mit den Christennicht juristisch angreifen?
Regierung und Arbeitsverwaltung sind erkennbar erleichtert, dass sich die Branche dem Tarifzwang unterwirft. Minister Clement begrüßte am 01. September 2003 auf der Veranstaltung der IHK Berlin ausdrücklich, dass sich die „Verbände der Zeitarbeit mit den Christlichen Gewerkschaften und dem DGB auf Tarifverträge verständigt haben.“ Hier wird also staatlicherseits das Prinzip der Tarifautonomie, das „Prinzip der Richtigkeit von Tarifverträgen“ respektiert und nur die richtige Umsetzung der Tarife auf die Arbeitnehmerschaft geprüft.
Heute sind sich die vier Verbände der Zeitarbeit mit der Branche einig, dass die vier Tarifverträge jeweils ihren eigenen Charme haben und nur im Fortbestand dieses Wettbewerbs die Rettung vor der falschen Equal Treatment-Regelung besteht.
In der Pressemitteilung des Stuttgarter Arbeitsgerichts werden „Mitgliederstärke und ihre Streuung im satzungsmäßigen Organisationsbereich“ als Indiz für die tarifliche Durchsetzungsfähigkeit genannt. Kurz gesagt, in der Zeitarbeit dürften die DGB-Gewerkschaften kaum eine stärkere Mitgliederzahl als die Christliche Tarifgemeinschaft aufweisen können. Die bereits in der Kaiserzeit gegründeten Christengewerkschaften wurden 1933 verboten und wurden nach 1945 durch den Alliierten Kontrollrat an der Wiedergründung gehindert, da nach herrschender Meinung Einheitsgewerkschaften wohl besser in das zu demokratisierende Deutschland passten. Allein dieser Zeitvorsprung von 10 Jahren dürfte den tatsächlich schmelzenden Mitgliedervorsprung der DGB-Gewerkschaften erklären.
Die Zeitarbeit in Deutschland war als modernste Form des Arbeitens ebenfalls Widrigkeiten ausgesetzt und hat sich trotz restriktiver Gesetzgebung heute durchgesetzt. Diese positive Entwicklung der Zeitarbeit, übrigens maßgeblich auch durch den BZA forciert, wurde durch DGB-Fundamentalisten bis zur letzten Jahreswende standhaft ignoriert und die Zeitarbeit als Feindbild bekämpft.
Es ist eine historische Besonderheit und ein Treppenwitz der Geschichte, dass die DGB-Gewerkschaften nun aufgrund der eigenen fehlerhaften Prognosen zur Zeitarbeit diesmal nicht mit einem Mitgliedervorteil in das Rennen mit den Christen gehen. Heute herrscht also ein echter Wettbewerb der Arbeitnehmervertretungen.
In der Pressemitteilung heißt es weiter: „Der Abschluss von Tarifverträgen erfordert Vorbereitungen. So sind die konjunkturellen Entwicklungen und sonstigen Rahmenbedingungen zu beobachten und zu prognostizieren um daraus Tarifforderungen zu entwickeln.“ Dies wird den Christen durch das Gericht wohl nicht zugetraut. Die dramatische Schlappe der IG-Metall in Ihrem Kernbereich,
der Autoindustrie, diesen Jahres hat aber aufgezeigt, dass auch das geballte Auftreten von IG Metallern nicht der Garant für die richtigen Prognosen ist. IG Metaller und die DGB-Gewerkschafter sind Taktik-Profis genug, um sich inder Auseinandersetzung mit den Christen auf dem Feld der Zeitarbeit keine weitere Schlappe einzufangen. Sie sind die aber einzigen, welche die Tariffähigkeit vor Gericht in Zweifel ziehen können. Wer im Glashaus sitzt sollte aber nicht...
Dazu kommt, dass sich die politische Großwetterlage gegen die völlig übergeschnappten Vorstellungen der DGB-Gewerkschaften gedreht hat. Eine Minderheit maßt sich bis heute die Alleinvertretung einer schweigenden Arbeitnehmermehrheit an. Selbst in der Pressemitteilung des Stuttgarter Arbeitsgerichtsheißt es, dass die Kammer „die Gewährleistung der Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG (Grundgesetz) für eine konstitutive Grundbedingung eines freiheitlichen und sozialen Rechtsstaates ansieht und keinesfalls eine Monopolisierung der Gewerkschaftsmacht für erstrebenswert hält.“ Das ist eine klare Absage an den Allmachtsanspruch der DGB-Gewerkschaften.
Mit diesem Hintergrund wird der Kampf um den Zankapfel „Zeitarbeit“ verlagert. Da in der Arbeitnehmerschaft der Zeitarbeit keine Durchsetzungsfähigkeit besteht, versuchten IG-Metaller auf der Höhe ihrer Macht über die Betriebsräte der Zeitarbeitskunden Einfluss zu nehmen. Zunächst offiziell und heute auf subtilere Art. Hier zeigt sich, dass die Arbeitnehmervertretung nur ein Feigenblatt für schiere Machtpolitik ist.
Leider werden auch einzelne Branchenvertreter nicht müde, gegen den Trend anzuschwimmen. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass sich auch in der Zeitarbeit die schweigende Mehrheit der Unternehmer auf die gemeinsamen Ziele einigt. Die Allmacht der DGB-Gewerkschaften gehört mit Sicherheit nicht zu diesen Zielen.
Arnd Schumacher
Vorstandsvorsitzender (kom.)
Mittelstandsvereinigung Zeitarbeit e.V.
Friedrichstraße 50
10117 Berlin
www.mv-zeitarbeit.de
e-mail: schumacher@mv-zeitarbeit.de