Equal-Pay-Gebot für Zeitarbeit verfassungswidrig – MVZ reicht Verfassungsklage ein
18.08.2003
MVZ
Das ab dem 1. Januar 2004 geltende Equal-Pay-Gebot für Zeitarbeitnehmer ist laut Gutachten von Professor Kämmerer und Professor Thüsing von der Bucerius Law School, Hamburg, verfassungswidrig. Deshalb wird die MVZ, Mittelstandsvereinigung Zeitarbeit e.V., Berlin, jetzt Verfassungsklage einreichen.
Das durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zum 1.1.2004 eingeführte Gleichbehandlungsgebot von Leiharbeitnehmern und Stammbelegschaft des Entleiherbetriebs verstößt gegen das Grundgesetz. Dies ist das Ergebnis eines umfänglichen Gutachtens, das die Juraprofessoren Jörn Axel Kämmerer und Gregor Thüsing von der Bucerius Law School in Hamburg für die Mittelstandsvereinigung Zeitarbeit (MVZ) erstellt haben. Verletzt ist nach Auffassung der beiden Experten vor allem die Koalitionsfreiheit der Verleiher und ihrer Arbeitgeberverbände. Durch das so genannte Equal-Pay-Gebot werde das Kräftegleichgewicht bei Tarifverhandlungen im Bereich der Zeitarbeit aus der Balance gebracht. Die Verhandlungen könnten einseitig von den Gewerkschaften bestimmt werden, deren Weigerung, einen Tarifvertrag abzuschließen, ja das gesetzliche Gebot gleicher Bezahlung aktiviere. In die Grundrechte der Verleiher werde auch dadurch eingegriffen, dass das Gleichbehandlungsgebot sie mittelbar an Tarifverträge des Entleihers binde. Rechtfertigungserwägungen vermögen nach Ansicht der Gutachter nicht zu tragen; vor allem sei der neue Rechtsrahmen für die Arbeitnehmerüberlassung mit einem negativen beschäftigungspolitischen Effekt verbunden.
„Das Gutachten bestätigt klar unsere Vermutungen: Das Equal-Pay-Gebot ist nicht nur evident beschäftigungsfeindlich, sondern verfassungsrechtlich unzulässig“ stellte MVZ-Vorstand Arnd Schumacher fest. Ein entsprechendes europäisches Richtlinienvorhaben sei gescheitert, auch aufgrund des Widerstands der Bundesrepublik. Konsequent sei es daher, nun auch die nationale Regelung abzuschaffen. Da die Regierungsmehrheit sich politischer Einsicht verschließe, soll dies nun durch eine Verfassungsbeschwerde erreicht werden. „Wir sind es unseren Mitgliedern schuldig, alles, was möglich ist, zu unternehmen, um diese schädliche Regelung zu verhindern. Wir werden den Weg nach Karlsruhe gehen und sehen gute Chancen, dass sich das Gericht unseren Argumenten aufgeschlossen zeigen wird“. Dies sei auch im Interesse der Leiharbeitnehmer, denn ein Gesetz, das dazu führe, dass Arbeitgeber sich die Einstellung neuer Arbeitskräfte nicht mehr leisten könnten, sei in Wahrheit arbeitnehmerfeindlich.
Lesen Sie eine Zusammenfassung des Gutachtens hier.