Neue Zeitarbeitsära mit alten Vorurteilen?
20.01.2004
iGZ
Aktuelles Beispiel:
Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitunternehmen e.V. Pressemitteilung IG-Metall NRW bildet Zeitarbeitnehmer zu Betriebsräten aus?! Nürnberg, 16.1.04 (ng.) Es sieht ganz danach aus, dass die Branchenkollegen, die DGB-Zeitarbeit-Tarifverträge anwenden, künftig auch mit (doktrinären) Betriebsräten zu tun haben werden. Die IG-Metall NRW führt im Februar dazu eine Auftaktveranstaltung durch (s. Anlage). Dass nach dem Selbstverständnis der DGB-Gewerkschaften ein Unternehmer nur durch seinen (gewerkschaftsnahen) Betriebsrat gelenkt und gezügelt werden kann, ist dabei längst Allgemeingut. Hier erstaunt aber, dass die Arbeitgeberverbände BZA und iGZ derartige "betriebsratsvorbereitenden Maßnahmen" unterstützen. Wir fühlen uns dagegen - auch künftig - unseren Mitgliedern, nicht den Gewerkschaften zur Unterstützung verpflichtet! Norbert Grünwald |
Was ist tatsächlich passiert?
Die IG Metall, Verwaltungsstelle Essen möchte am 4. Februar 2004 für Betriebsräte der Metall- Elektroindustrie sowie der Handwerks-, Holz-, Kunststoff und Textilbranchen, für Zeitarbeitsunternehmen in der Region und für Kundenbetriebe im Bildungszentrum Sprockhövel eine interessante Konferenz durchführen. Etwa 60 Zeitarbeitsunternehmen aus Essen und Nachbarstädten, die mit den DGB - Gewerkschaften Tarifverträge abgeschlossen haben, haben sich bereits angemeldet und werden sich in der Konferenz vorstellen. An der spannenden Diskussionsrunde zum Thema: „Ist die Zeitarbeit mit der Tarifbindung aus der Schattenbranche heraus?“ nehmen teil: Norbert Fuhrmann, komm. iGZ – Vorsitzender, Dr. Adrian Hurst (BZA) auf der einen Seite und Dr. Nicola Hirsch, DGB-Landesbezirk NRW und Dirk Schumann Vorstandsverwaltung IG Metall sowie der Direktor des Arbeitsamtes Essen, Udo Glantschnig. Nach IG Metall – Angaben kommen bei über 80 % der Zeitarbeitnehmer der DGB – Zeitarbeitstarifvertrag (das sind allein 70.000 in NRW) zur Anwendung. Deshalb ist es nur zu begrüßen, dass auch die Gewerkschaften eine wachsende Zeitarbeitsbranche nicht mehr einfach nur „links“ liegen lassen, sondern endlich konstruktive Kooperationsbereitschaft u.a. mit dieser Auftaktveranstaltung demonstrieren wollen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der IG Metall Essen im Einladungstext.
Dort heißt es: „Die Betriebsräte in den Entleihbetrieben sind auch für die Leiharbeitnehmer zuständig. Betriebsräte werden gebeten, die Leiharbeitnehmer zu den Betriebsversammlungen einzuladen oder diese gesondert mit ihnen durchzuführen.“
Hiermit gibt die Gewerkschaft lediglich eine Bestimmung im geltenden Betriebsverfassungsgesetz (§ 99 BetrVG)) wieder, die aber bislang von den Betriebsräten in den Kundenbetrieben häufig ignoriert bzw. nicht richtig ernst genommen wurde. So heißt es hierzu etwa im letzten Bericht der Bundesregierung zur Situation der Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland: „Nach Auskunft verschiedener Entleihbetriebsräte und Gewerkschaftsvertreter wird das Recht der Leiharbeitnehmer, in Entleihbetrieben die Sprechstunden der Arbeitnehmervertretungen aufzusuchen und dort auch an Betriebsversammlungen teilzunehmen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 AÜG), in der Praxis kaum genutzt."
Bewertung:
Nicht "Indoktrination" von Zeitarbeitnehmern ist folglich das erklärte Ziel der Konferenz, sondern Aufklärung und Information. Deshalb beteiligen wir uns als Arbeitgeberverband iGZ e.V. im Interesse der gesamten Zeitarbeitsbranche auch gerne an diesem Forum. Wir sind eben dagegen, auch in Zukunft alte (Gewerkschafts-) Feindbilder zu kultivieren. Sozialpartnerschaft ist keine Einbahnstrasse oder eine Sackgasse. Sie bietet echte Chancen für beide Seiten, Arbeitnehmer und Unternehmen. Diese Botschaft wird von den allermeisten Zeitarbeitsbetrieben längst verstanden und aktiv am Markt umgesetzt. Mit dem Selbstverständnis von Herrn Grünwald hat dies möglicherweise wenig zu tun, aber die INZ hat sich ja auch mit den Christlichen Gewerkschaften einen anderen Tarifpartner ausgesucht. Der wird sicherlich „mächtig“ genug sein, die Interessen seiner Schützlinge, den Zeitarbeit-nehmern, in den Betrieben aktiv zu wahren.
RA Werner Stolz (iGZ – Bundesgeschäftsführer)