IG Metall Essen versucht Zeitarbeitsunternehmen zu entmündigen
20.01.2004
MVZ
Nachdem der Tarifabschluss mit den Christlichen Gewerkschaften und offensichtlich Superminister Clement die DGB-Gewerkschaften zu Tarifverträgen mit der Zeitarbeit zwangen, die unter den gesetzlichen Bestimmungen liegen, versuchen diese, insbesondere die IG Metall, nun durch Salamitaktik den Lohngleichheitsgrundsatz in der Zeitarbeit scheibchenweise zurück zu erkämpfen. Das Prinzip "Teile und herrsche" wird hierbei mit "Faustrecht" umgesetzt.
Zu den Fakten:
Die IG Metall Essen informiert im Januar 2004 in ihrem Webauftritt, dass nun Tarifverträge zwischen den DGB-Gewerkschaften und IGZ/BZA abgeschlossen wurden. Darin heißt es wörtlich: "Die Betriebsräte in den Entleihbetrieben sind auch für die Leiharbeitnehmer zuständig. Betriebsräte werden gebeten, die Leiharbeitnehmer zu den Betriebsversammlungen einzuladen oder diese gesondert mit ihnen durchzuführen."
Unter der Überschrift: "Konferenz für Betriebsräte und Personalleiter" wird weiter ausgeführt: "Mit einer Konferenz für Betriebsräte und Personalleiter starten wir die Aktion am 04. Februar 2004 im IG Metall Bildungszentrum Sprockhövel." Etwa 60 Zeitarbeitsfirmen aus Essen mit DGB-Tarifverträgen "werden sich in der Konferenz vorstellen."
Unter dem Titel: "Ist die Zeitarbeit mit der Tarifbindung aus der Schattenbranche heraus?" wird eine "spannende Diskussion" mit Norbert Fuhrmann (IGZ) und Dr. Adrian Hurst (BZA) sowie zwei DGB-Gewerkschaftern angekündigt.
Die Meinung des MVZ-Vorstands dazu:
Unter einem, die Zeitarbeit diffamierenden Titel, in welchem die Zeitarbeit als "Schattenbranche" bezeichnet wird, sollen Vertreter zweier namhafter Arbeitgeber-Verbände der Zeitarbeit auf der DGB-Veranstaltung auftreten. Es wäre der Branche zu wünschen, wenn sich Vertreter der Arbeitgeberschaft Auftritten unter solch diskriminierenden Vorzeichen nicht aussetzen würden. Spannend wird die Diskussion wahrscheinlich nicht, geht es doch mit Sicherheit wieder einmal darum, die Zeitarbeitsbranche in zwei Schafherden einzuteilen. Die Farben sind zwischen DGB-Tarif-Anwendern und denen, die sich dem Allmachtsanspruch des DGB nicht unterwerfen wollen, schon verteilt. Was sollte daran spannend sein? Höchstens das Warten auf einen "Freudschen Versprecher" der Gewerkschaften, wann die vermeintlich weiße Schafherde geschlachtet werden soll. Der Lohngleichheitsgrundsatz bleibt aus DGB-Sicht das richtige Ziel und wird nun durch "Salamitaktik" umgesetzt. Die Umsetzung des Lohngleichheitsgrundsatzes wurde nur verschoben, nie aufgegeben. Die Stammbelegschaften sind schließlich die wichtigere, weil größere Klientel, als die "nur" gastierenden Zeitarbeitnehmer.
Arbeitgeber der Zeitarbeit mit DGB-Tarifen werden zu "Kuschelrunden" mit Betriebsräten durch die Gewerkschaften eingeladen und dürfen sich "vorstellen". Welches andere Motiv für die Annahme der Einladung sollte ausschlaggebend sein, als jenes, sich Wettbewerbsvorteile durch diesen Kuschelkurs zu versprechen? Welches Motiv könnten die Gewerkschaften haben? Etwa die Förderung der Zeitarbeit? Mitnichten. Hier wird unzulässig Einfluss auf die freie Wirtschaft genommen. Die Gewerkschaften setzen geschickt auf den riesigen Wettbewerbsdruck der Zeitarbeit. Über den Umweg der wohlgesonnenen Betriebsräte und die gezielte Verunsicherung der Kunden versprechen sich einige Unternehmer Vorteile für das eigene Unternehmen. Sie leisten damit beste Gewerkschaftsarbeit. Für die IG Metall soll auf diesem Wege mangelnde Mächtigkeit in der Zeitarbeit kompensiert werden. Charakterköpfe der Zeitarbeit werden auf der Veranstaltung sicher nicht zu finden sein.
Ungeniert werden im Webauftritt der IG Metall Essen die Betriebsräte der Zeitarbeitskunden für die Zeitarbeitnehmer für zuständig erklärt. Ein ungeheurer Affront gegen die eigenen Tarifpartner, von der Diskriminierung der gesamten Zeitarbeit ganz zu schweigen. Wir fordern die Gewerkschaften auf, diese diskriminierende Sicht auf die Zeitarbeit aufzugeben. Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Zeitarbeitsbranche sollten sich diese permanente Einmischung nicht gefallen lassen.
Zusammenhänge:
Nach der Einführung des Lohngleichheitsgrundsatzes von Zeitarbeitnehmern und den Stammbelegschaften der Zeitarbeitskunden durch Hartz I wurde durch Superminister Clement eine Jahresfrist bis Ende 2003 gesetzt, um Tarifverträge abzuschließen. Nach einem für die Zeitarbeit nicht akzeptablen ersten Verhandlungsergebnisses im Frühjahr 2003 suchte ein Teil der Branche andere Tarifpartner. Zeitweise drohten sogar die Verhandlungsführer von BZA und IGZ, mit den Christlichen Gewerkschaften Verhandlungen aufzunehmen. Nach dem ersten Branchen-Tarifabschluss der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen (INZ) mit den Christlichen Gewerkschaften, dem zweitgrößten Gewerkschaftsverband in Deutschland, und offensichtlich auf Druck der Bundesregierung lenkten auch die DGB-Gewerkschaften ein. Von den ca. 6400 Lizenznehmern der Zeitarbeit wenden heute etwa ein Drittel die Tarifverträge der Christlichen Gewerkschaften an. Der DGB, insbesondere die IG Metall, versuchen nun, den fehlenden Einfluss in der Branche selbst über die Betriebsräte der Zeitarbeitskunden zu kompensieren. Der ausgewiesene Kenner der Zeitarbeitsbranche, Rechtsanwalt Per Ankersen, sieht, dass "Die DGB-Gewerkschaften (mögen) hier vielleicht einen faktischen "Vorsprung durch Rechtsbruch" erzielen. Unsere Rechtsordnung kennt jedoch kein "Faustrecht" und kann demzufolge auch keine rechtswidrige Machtausübung als die Tariffähigkeit begründend anerkennen." Quelle: AIP 01 / Januar 2004.