Videoüberwachung am Arbeitsplatz
07.07.2004
Sonstige Themen
Eine Videoüberwachung greift erheblich in das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer ein. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist die dauerhafte Videoüberwachung der Arbeitnehmer eines Briefzentrums sogar unzulässig.
Die Deutsche Post AG wollte in einem ihrer Briefverteilungszentren die Arbeitnehmer per Video überwachen, um die Verluste von Briefen zu reduzieren. Täglich werden in einem solchen Zentrum knapp 3 Mio. Briefsendungen bearbeitet, dabei werden die Briefe nur zu einem kleinen Teil von Hand sortiert - der Rest läuft automatisch ab. Insgesamt sind in diesem Briefzentrum über mehrere Schichten verteilt 650 Arbeitnehmer tätig.
Der Betriebsrat verweigerte jedoch seine Zustimmung zur Videoüberwachung, so dass der Arbeitgeber die betriebliche Einigungsstelle anrief. Diese erklärte ihr Einverständnis zur dauerhaften Einrichtung einer Videoüberwachung durch in der Halle sichtbar angebrachte Kameras. In dem Spruch wurde festgelegt, dass die Videoanlage verdachtsunabhängig wöchentlich bis zu 50 Stunden eingesetzt werden könne. Für die Arbeitnehmer sollte nicht erkennbar sein, wann die Anlage in Betrieb ist. Nach spätestens 8 Wochen sollten die Aufzeichnungen gelöscht werden.
Der Betriebsrat war jedoch mit dem Spruch der Einigungsstelle nicht einverstanden und klagte dagegen.
Das Bundesarbeitsgericht entschied zu Gunsten des Betriebsrats. Das Einverständnis der Einigungsstelle hinsichtlich der Einführung der Videoüberwachung ist rechtswidrig und unwirksam. Die Deutsche Post AG hat zwar die Pflicht, für die Sicherheit des Briefverkehrs und des grundrechtlich geschützten Postgeheimnisses zu sorgen; die Videoüberwachung greift jedoch erheblich in das ebenfalls grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer ein. Keiner dieser beiden Rechtspositionen gebührt absoluter Vorrang. Vielmehr ist eine Abwägung unter Beachtung der Umstände des Falles erforderlich. Im Ergebnis ist die dauerhafte Videoüberwachung der Arbeitnehmer des Briefzentrums unverhältnismäßig.
Bundesarbeitsgericht Erfurt; Beschluss vom 29.06.2004; Aktenzeichen: 1 ABR 21/03
(Quelle: Personalverlag)