IAB-Studie: Mehrheit fühlt sich unfair entlohnt
18.02.2025
Die Frage nach der gerechten Bezahlung ist für viele Beschäftigte zentral. Doch was beeinflusst die subjektive Wahrnehmung von Lohngerechtigkeit? Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der Universität Konstanz zeigt, dass das Arbeitsumfeld hierbei eine wesentliche Rolle spielt. Neben dem tatsächlichen Gehalt beeinflussen vor allem Transparenz, betriebliche Strukturen und der soziale Austausch innerhalb des Unternehmens, wie fair Beschäftigte ihren Lohn empfinden.
Unzufriedenheit mit dem Lohn weit verbreitet
Die Studie befragte Beschäftigte aus größeren deutschen Unternehmen und kam zu dem Ergebnis, dass 56 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Lohn als zu niedrig empfinden. Nur 39 % bewerten ihr Gehalt als fair, während eine kleine Minderheit ihren Lohn sogar als zu hoch ansieht. Diese Zahlen verdeutlichen, dass das subjektive Empfinden von Lohngerechtigkeit ein weit verbreitetes Problem darstellt.
Drei entscheidende Faktoren für die Lohngerechtigkeit
Laut der Studie gibt es drei wesentliche Einflussfaktoren, die darüber bestimmen, wie gerecht Beschäftigte ihr Gehalt wahrnehmen:
1. Lohngespräche unter Kollegen
Der Austausch über Gehälter mit Kolleginnen und Kollegen kann zu Unzufriedenheit führen. Wer erfährt, dass andere in vergleichbaren Positionen mehr verdienen, neigt dazu, den eigenen Lohn als ungerecht zu empfinden. Gerade in Unternehmen mit wenig Gehaltstransparenz kann dies zu einer Verschärfung der Wahrnehmung von Ungerechtigkeit führen.
2. Tarifbindung als Garant für Fairness
Betriebe mit Tarifverträgen schneiden deutlich besser in der Bewertung der Lohngerechtigkeit ab. Beschäftigte in tarifgebundenen Unternehmen empfinden ihre Vergütung häufiger als fair, da diese durch kollektive Verhandlungen zustande kommt und weniger Raum für subjektiv empfundene Ungerechtigkeiten lässt.
3. Einfluss von Betriebsräten
Die Studie zeigt auch, dass die Existenz eines Betriebsrats einen positiven Effekt auf die Wahrnehmung der Lohngerechtigkeit hat. Dies gilt insbesondere für weibliche Beschäftigte, die in Unternehmen mit Betriebsrat ihr Gehalt als gerechter empfinden. Ein Betriebsrat kann sich für faire Gehaltsstrukturen einsetzen und die Interessen der Beschäftigten wirksam vertreten.
Fazit: Mehr Transparenz und Mitbestimmung für eine gerechtere Wahrnehmung
Die Studie unterstreicht, dass das Arbeitsumfeld eine entscheidende Rolle dabei spielt, wie fair Löhne empfunden werden. Tarifverträge und Betriebsräte tragen dazu bei, dass sich Beschäftigte seltener unfair entlohnt fühlen, insbesondere Frauen profitieren von der Existenz eines Betriebsrats. Andererseits kann ein intensiver Austausch über Gehälter unter Kollegen dazu führen, dass Arbeitnehmer ihre eigene Bezahlung kritischer sehen.
Die genaue Ursache dieser Wahrnehmung bleibt unklar, jedoch kann eine erhöhte Lohntransparenz helfen, ungerechtfertigte Gehaltsunterschiede sichtbar zu machen und langfristig für mehr Fairness zu sorgen. Unternehmen, die auf klare Gehaltsstrukturen, transparente Vergütungssysteme und Mitbestimmung setzen, können nicht nur die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter steigern, sondern auch ihre langfristige Bindung und Leistungsbereitschaft stärken.
Quelle: IAB / Bild: depositphotos.com ID: 79127488
Kommentare (4)
Nippels
18.02.2025 11:30 Uhr Antworten
Tarifbindung ist überhaupt kein Garant für Fairness.
Eine vergleichbare Position innezuhaben wie der Kollege bedeutet noch lange nicht auch das gleiche Ergebnis zu leisten.
Menschen sind individuell und entsprechend haben auch die Löhne und Gehälter auszufallen.
Irgendwer
19.02.2025 08:33 Uhr Antworten
Was ich täglich beobachte: Jeder weiß, wie er gefüttert werden will, aber kaum einer weiß, dass es dafür auch einer entsprechenden Gegenleistung bedarf. Anspruch und Wirklichkeit fließen stündlich weiter auseinander.
Nurdie
19.02.2025 08:51 Uhr Antworten
Wir wollen immer mehr , aber möchten immer weniger dafür tun.
Irgendwer
19.02.2025 11:08 Uhr Antworten
"Wir alle" stimmt (zum Glück) nicht. "Noch" sind nicht 100% der Arbeitnehmer so drauf...noch....