Grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung
11.08.2005
Selbstverständlich gilt auch für die Ware „Arbeitnehmer“ der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr der EU/EWR, so dass grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung - zumindest in der EU/EWR - nicht behindert werden darf. Soweit also ein deutsches Verleihunternehmen Arbeitnehmer ins EU-/EWR-Ausland entleihen will, ist dies grundsätzlich ebenso möglich, wie umgekehrt. Trotz des Behinderungsverbotes sind aber bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung in bzw. von EU-/EWR-Staaten einige Besonderheiten zu beachten.
Gewerberechtliche Genehmigungen
Hinsichtlich der Frage der gewerberechtlichen Zulässigkeit gilt das Territorialitätsprinzip, nach dem das Recht eines jeden Staates anwendbar ist, dessen Territorium von dem Sachverhalt berührt wird. Bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung sind dies grundsätzlich alle beteiligten Staaten, mit der Folge, dass die Arbeitnehmerüberlassung in jedem dieser Staaten zulässig sein muss. In jedem Falle (abgesehen von den im AÜG geregelten genehmigungsfreien Fällen) muss also eine Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit zur Arbeitnehmerüberlassung vorliegen. Soweit ein ausländisches Unternehmen Arbeitnehmer nach Deutschland entleiht, muss auch dieses eine Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit vorweisen können.
Vertragsgestaltung bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung
Die Vertragsgestaltung bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung ist als Thema sehr komplex, darum sei hier nur erwähnt, dass grundsätzlich die Parteien sowohl des Arbeitsvertrages als auch des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages die Möglichkeit haben, durch Rechtswahl zu bestimmen, welches Rechtssystem Anwendung finden soll. Mangels Rechtswahl unterstehen die Verträge jedoch – zumindest nach den Bestimmungen des deutschen Kollisionsrechts – im Regelfall dem Recht des Staates, in dem der Verleiher seinen Sitz bzw. die tätige Niederlassung hat. Allerdings muss erwähnt werden, dass das deutsche Kollisionsrecht in Art. 34 EGBGB vorsieht, dass gewisse zwingende Bestimmungen deutschen Rechts (vornehmlich Arbeitnehmerschutzvorschriften und bspw. Vorschriften des AEntG) trotz der Wahl fremden Rechts Anwendung finden, so dass für die Arbeitnehmerüberlassung im Zweifel ein Misch-Recht anwendbar ist.
Sozialversicherungsrechtliche Fragen bei Grenzüberschreitung
Anders als bei der Frage nach dem für die privatrechtlichen Verträge gültigen Recht bestimmt sich das anwendbare Sozialversicherungsrecht innerhalb der EU gemäß der „Verordnung über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern“ grundsätzlich nach dem Prinzip des Beschäftigungsortes „Lex Lori Laboris“, d.h. – der Arbeitnehmer ist grundsätzlich dort zu versichern, wo er seine Leistung tatsächlich erbringt.
Eine Ausnahmeregelung dazu enthält Art. 14 Nr. 1 a) EWG-VO Nr. 1408/71, nach der der Arbeitnehmer dann in seinem Heimatstaat zu versichern ist, wenn die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung (befristete Entsendung) die Dauer von 12 Monaten voraussichtlich nicht überschreitet und der Leiharbeitnehmer nicht eine Person ablöst, für die die Entsendezeit abgelaufen ist. Eine Verlängerung von weiteren 12 Monaten ist möglich.