Arbeitnehmer haftet nicht immer für Stoß gegen Kollegen
03.05.2004
Sonstige Themen
Stößt ein Arbeitnehmer einen Kollegen mit der Hand vor die Brust, während er dessen Arbeit beanstandet, kann dies unter Umständen eine betriebliche Tätigkeit darstellen. Der Arbeitnehmer muss in diesem Fall nicht für Personenschäden des Kollegen haften. Dies entschied nun das Bundesarbeitsgericht.
Der Kläger und der Beklagte sind Kollegen, sie arbeiten als LKW-Fahrer. Der Grund für die Klage entstand, als der Beklagte eines Tages dem Kläger vorwarf, dieser sei zu spät vom Tanken gekommen, während die Lastwagen zu be- und entladen seien. Dann gab er dem Kläger einen Stoß vor die Brust. Der Kläger machte einen Schritt rückwärts, fiel dabei über eine Schubkarre und prallte mit dem Rücken auf eine Stahlkante. Er verletzte sich dabei erheblich, war arbeitsunfähig krank geschrieben und erhielt schließlich Verletztengeld von der zuständigen Berufsgenossenschaft.
Vor Gericht verlangte er jetzt Schmerzensgeld, Schadenersatz in Höhe der Differenz zwischen seinem Nettoverdienst und dem Verletztengeld sowie den Ersatz weiterer und zukünftiger Schäden aus dem Vorfall. Seiner Ansicht nach gelte die Regelung des § 105 Abs. 1 SGB VII nicht. Nach diesem Paragraphen muss ein Arbeitnehmer nicht für Personenschäden an Kollegen haften, die in Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit entstanden, sofern er diese nicht vorsätzlich verursacht hat.
Der Kläger argumentierte, bei dem Stoß habe es sich nicht um eine betriebliche Tätigkeit gehandelt. Dem widersprach der Beklagte. Er habe im Interesse des Betriebs und nicht vorsätzlich gehandelt, und sei daher nicht verpflichtet, für den Personenschaden aufzukommen.
Die Erfurter Arbeitsrichter bestätigten jetzt die Ansicht des Beklagten. Zwar seien Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen nicht zu billigen und grundsätzlich nicht betrieblich veranlasst. Eine betriebliche Tätigkeit gemäß § 105 Abs.1 SGB VII liege aber vor, wenn der Schädiger bei objektiver Betrachtungsweise aus seiner Sicht im Betriebsinteresse handeln durfte, sein Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch sei und keinen Exzess darstelle. Daher sei im vorliegenden Fall sei die Grenze der betrieblichen Tätigkeit nicht überschritten worden und für den Beklagten gelte das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 SGB VII.
Bundesarbeitsgericht Erfurt; Urteil vom 22.04.2004; Aktenzeichen: 8 AZR 159/03
(Quelle: Personalverlag)