Teilzeitwunsch aus betrieblichen Gründen ablehnbar
22.01.2004
Arbeitszeiten
Der Arbeitgeber kann den Teilzeitwunsch eines Mitarbeiters ablehnen, wenn er dafür eine zusätzliche Vollzeitkraft einstellen müsste. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt.
Laut § 8 Absatz 4 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) muss der Arbeitgeber dem Wunsch von Mitarbeitern nach einer Verringerung der Arbeitszeit zustimmen. Was aber nicht selten von Arbeitgebern oder Personal-Abteilungen entweder übersehen oder unterschätzt wird, ist ein kleiner Zusatz in der gesetzlichen Vorschrift. Dieser lautet: „soweit nicht betriebliche Gründe entgegenstehen“. Ein solcher betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die verlangte Reduzierung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigen oder unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. Eine Formulierung, bei der schnell klar wird, dass sich zwangsläufig die Arbeitsgerichte damit beschäftigen müssen, wann ein solcher Grund tatsächlich vorliegt, und wann nicht.
Dies tat jetzt auch das Bundesarbeitsgericht (BAG): Auf die Klage eines Mitarbeiters, dass der vom Arbeitgeber gegen seinen Teilzeitwunsch vorgebrachte betriebliche Grund unzureichend sei, mussten die höchsten deutschen Arbeitsrichter entscheiden, nachdem das zuständige Arbeitsgericht und das Münchener Landesarbeitsgericht unterschiedlicher Auffassung gewesen waren. Der Kläger, ein Facharbeiter, war an seinen Arbeitgeber herangetreten und hatte diesen um eine Verringerung seiner wöchentlichen Arbeitszeit von 35 auf 21 Stunden gebeten. Er wollte sich mehr um seine Kinder kümmern und seiner Frau eine Teilzeitbeschäftigung ermöglichen. Doch der Arbeitgeber schüttelte den Kopf. Wenn er dem Wunsch nachgebe, so erklärte der Chef, müsse er für die Arbeitszeit, die sein Facharbeiter weniger arbeiten wolle, eine Ersatzkraft einstellen.
In anderen Verfahren hatten Arbeitsgerichte entschieden, dass es Arbeitgebern zumutbar sei, für die ausfallende Arbeitszeit eine neue Teilzeitkraft einzustellen. Die Gerichte sehen hierin keine unverhältnismäßigen Kosten und auch keine Störung der betrieblichen Ordnung. Nicht so in diesem Fall: Der Arbeitgeber konnte glaubhaft versichern, dass eine Teilzeitkraft, mit der er die ausfallende Arbeitszeit seines Facharbeiters ausgleichen könne, nicht zu finden sei. Doch der Anwalt des Arbeitnehmers ließ nicht locker: In diesem Fall müsse der Arbeitgeber eben eine Vollzeitkraft einstellen und die in seinem Betrieb regelmäßig anfallenden Überstunden abbauen.
Dem Bundesarbeitsgericht ging diese Forderung nun doch zu weit. Die Richter hoben deswegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München wieder auf, das dem Facharbeiter noch Recht gegeben hatte. Der Teilzeitwunsch des Mitarbeiters bleibt also unerfüllt.
Bundesarbeitsgericht Erfurt; Urteil vom 09.12.2003; Aktenzeichen: 9 AZR 16/03
(Quelle: Personalverlag)