Interview zu Versicherungen in der Zeitarbeit
02.01.2007
Das folgende Interview führte personalorder.de mit dem Versicherungsspezialisten Dr. habil W. Stafenk zum Thema Gruppen-Unfallversicherungen und deren steuerliche Behandlung:
Frage 1:
In dieser Rubrik wird u.a. eine betriebliche Gruppen-Unfallversicherung empfohlen, obwohl doch alle Mitarbeiter der Unternehmen in der gesetzlichen Unfallversicherung über die Berufsgenossenschaften angemeldet sind. Wie ist die Empfehlung zu begründen?
Antwort:
Gesetzliche und private Unfallversicherung haben erhebliche Unterschiede in Struktur, Umfang und Leistungen und dementsprechend ist jeder von ihnen in unserem Wirtschaftsleben ein besonderer Aufgabenbereich zugewiesen. Sie existieren nebeneinander. Die private Unfallversicherung, zu denen auch die betriebliche Gruppen-Unfallversicherung gehört, hebt nicht die Versicherungspflicht derer auf, die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses beschäftigt sind.
- Kraft Gesetzes sind die Beschäftigten in der gesetzlichen Unfallversicherung gegen die Folgen von Arbeitsunfällen, Wegeunfällen und Berufskrankheiten versichert. Dem Unternehmer wird die zivilrechtliche Haftung gegenüber seinen Arbeitnehmern abgenommen. Hieraus erklärt sich, dass die Firma die Beiträge allein aufbringen muss und dass der private Bereich ausgeschlossen ist.
- Die private Unfallversicherung umfasst darüber hinaus alle Unfälle des täglichen Lebens im Beruf, im Verkehr, im Hause, im Urlaub, beim Sport, bei Reisen – somit gilt ihr Versicherungsschutz rund um die Uhr auf der ganzen Welt. Sie ergänzt die gesetzliche Unfallversicherung auch hinsichtlich der Leistungen und richtet sich außerdem an Personenkreise, die durch den gesetzlichen Versicherungsschutz nicht erfasst werden. Damit schützt sie gegen wirtschaftliche Folgen körperlicher Unfälle im Wege freier Vertragsgestaltung und kann den Bedürfnissen der einzelnen Versicherten angepasst werden.
Frage 2:
Gibt es ungefähre Angaben zur Häufigkeit von Unfällen im beruflichen und im Freizeitbereich?
Antwort:
Durch sozialpolitische Veränderungen der letzten Jahre mit kürzeren Arbeitszeiten und längeren freien Tages- und Wochenendzeiten hat sich in der Zusammensetzung der Unfallursachen eine starke Verschiebung zu Lasten der Unfälle im privaten Lebensbereich ergeben. Fast zwei Drittel aller Unfälle ereignen sich in der Freizeit, nur ein Drittel sind Berufs- und Wegeunfälle.
Da die beachtlichen Leistungen der Berufsgenossenschaften bei außerberuflichen Unfällen nicht zum Zuge kommen, jedoch die Auswirkungen eines Freizeitunfalls auf die Arbeitskraft für den Betroffenen die gleichen wie bei einem Berufsunfall sind, ergibt sich deshalb für die private Unfallversicherung ein unentbehrlicher Bedarf zu einem umfassenden Versicherungsschutz.
Frage 3:
Die Beiträge für die Berufsgenossenschaft sind betriebliche Aufwendungen. Für den Arbeitnehmer entstehen keine Kosten. Wie verhält es sich mit den Beiträgen zur betrieblichen Gruppen-Unfallversicherung?
Antwort:
Gruppen-Unfallversicherungen werden in der Regel vom Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer abgeschlossen. Die Beiträge für die Arbeitnehmer sind beim Unternehmen ebenfalls als Betriebsausgabe abzugsfähig.
Der Arbeitnehmer wird in dem Fall nicht mit Beiträgen belastet, wenn die Ausübung der Rechte aus dem Versiechungsvertrag mit Vertragsbeginn an den Arbeitgeber abgetreten ist.
Frage 4:
In welchem Fall werden die Arbeitnehmer in die Beitragszahlung einbezogen?
Antwort:
Wenn die Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem jeweiligen Versicherungsunternehmen geltend machen können, müssen auch sie Beiträge entrichten. Sie haben dann einen so genannten Direktanspruch. Daraus ergeben sich auch unterschiedliche steuerliche Behandlungen der Gruppen-Unfallversicherungen. Beim Direktanspruch gehören die Beiträge des Arbeitnehmers als Zukunftssicherungsleistung zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Frage 5:
Gibt es noch weitere steuerliche Aspekte zu beachten?
Antwort:
Allgemein ergibt sich aus der Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag eine Beitragsversteuerung (Direktanspruch der versicherten Person) oder eine Leistungsversteuerung (kein Direktanspruch).
Bei der Beitragsversteuerung ist entsprechend der unterschiedlichen Höhe der Beiträge entweder eine pauschale Versteuerung ohne Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen oder eine gemischte Veranlagung zu berücksichtigen. Während die Leistungen aus einem Versicherungsvertrag mit Direktanspruch lohn- und einkommensteuerfrei sind, ergibt sich im Fall ohne Direktanspruch eine diesbezügliche Steuerpflicht.
Frage 6: Wovon hängt die Entscheidung ab, eine betriebliche Gruppen-Unfallversicherung mit oder ohne Direktanspruch abzuschliessen?
Antwort:
In erster Linie sind bei der Vorbereitung unternehmerische und betriebswirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen, also z.B. die Unternehmensform, die Auswahl der zu versichernden Personen – Betriebsinhaber/Familienangehörige/Führungskräfte/Arbeitnehmer, die Höhe und der Umfang der zu vereinbarenden Versicherungsleistungen und der damit verbundenen Beiträge. Die Berücksichtigung daraus allgemein resultierender steuerlicher Aspekte soll die im Einzelfall erforderliche steuerliche Beratung nicht ersetzen.