EG-Vibrationsschutzrichtlinie: Der Countdown für die Umsetzung läuft im Juli ab
10.06.2005
Spätestens bis zum 6.7.2005 muss die EG-Vibrationsschutzrichtlinie 2002/44/EG in deutsches Recht umgesetzt werden. Sie muss dann von allen Unternehmen angewandt werden. Die Richtlinie mit dem vollständigen Titel „Mindestvorschriften zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Vibrationen)“ hat präventive Maßnahmen gegen Berufskrankheiten zum Ziel, die durch Vibrationen entstehen können. Lesen Sie hier, was Sie als Sicherheitsfachkraft jetzt darüber wissen müssen.
Vibrationsbelastungen treten an vielen Arbeitsplätzen auf: Typisch sind z. B. Hand-Arm- Vibrationen bei Arbeiten mit Bohrhämmern, ebenso wie Ganzkörper-Schwingungen bei Baggerführern oder bei Fahrern von Gabelstaplern auf unebenem Gelände. Je häufiger Arbeitnehmer solchen Belastungen ausgesetzt sind, desto größer das Risiko, Muskel- und Skeletterkrankungen oder neurologische Schädigungen wie Durchblutungsstörungen der Finger und Hände zu erleiden.
Diese neuen Verpflichtungen kommen auf Arbeitgeber zu:
In allen Betrieben, in denen die Beschäftigten mit vibrationserzeugenden Geräten oder Maschinen arbeiten, müssen die Arbeitgeber in Zukunft
- die gesundheitlichen Risiken ermitteln und bewerten, die dadurch entstehen,
- geeignete Maßnahmen zur Vibrationsminderung festlegen und durchführen,
- die Arbeitnehmer darüber unterrichten, welche Gefahren durch Vibration entstehen und wie sie sie vermeiden oder vermindern können,
- arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen für gefährdete Arbeitnehmer anbieten.
Maßgeblich für die Beurteilung der Vibrationsbelastung sind die Dauer und Intensität der Vibrationen, der ein Arbeitnehmer an einem 8-Stunden-Tag ausgesetzt ist: Die Maßzahl dafür ist der so genannte Tagesexpositionswert A(8). Bei Hand-Arm-Vibrationen darf er 5 m/s2, bei Ganzkörpervibrationen 1,15 m/s2 nicht überschreiten.
Beispiel: Beim Arbeiten an einer Abrichthobelmaschine wird der zulässige Grenzwert nach zirka 6 Stunden erreicht; länger darf ein Beschäftigter an dieser Maschine also an einem Tag nicht tätig sein.
Der Arbeitgeber muss Messungen durchführen
Um für jedes Arbeitsmittel möglichst genaue Vibrationskennwerte zu bekommen, hat der Arbeitgeber „erforderlichenfalls“, so die Richtlinie, Messungen durchzuführen. Diese sind aber keine Kleinigkeit, denn sie erfordern Spezialkenntnisse und aufwendige Messtechnik. Die meisten Unternehmen sind deshalb ohne externe Unterstützung überfordert.
Kennwerte können Sie auch auf anderem Weg ermitteln
Oft kann man die Kennwerte jedoch auch ohne Messungen ermitteln:
Z. B. enthält bei vielen Arbeitsmitteln die Betriebsanleitung Angaben zu den Vibrationswerten. Außerdem gibt es für zahlreiche Maschinen und Werkzeuge kostenlos nutzbare Vibrationskennwert-Datenbanken im Internet.
Eine davon ist z. B. KARLA (Katalog Repräsentativer Lärm- und Vibrationsdaten am Arbeitsplatz) auf der Website des Landesamtes für Arbeitsschutz Brandenburg ( www.las-bb.de ).
Nutzen Sie diese und ähnliche Quellen, um die Vibrationsbelastungen in Ihrem Betrieb zu bestimmen.
Mit diesen Maßnahmen erfüllen Sie die Vibrationsschutzanforderungen
Folgende Maßnahmen sollten Sie jetzt ergreifen, um die neuen Vibrationsschutzanforderungen umzusetzen:
- alle Gefährdungen durch Vibrationen ermitteln, bewerten und Messungen durchführen (lassen), falls Sie auf andere Weise keine zuverlässigen Vibrationskennwerte bekommen können; die Bewertung ist schriftlich zu dokumentieren und aufzubewahren
- der Geschäftsleitung organisatorische Maßnahmen vorschlagen um Vibrationsgefährdungen zu reduzieren (z. B. Mischarbeit)
- die Kollegen über Vibrationsgefahren und geeignete Abwehrmaßnahmen unterweisen
- ggf. Betriebsanweisungen unter dem Gesichtspunkt der Vibrationsminderung überarbeiten oder neu erstellen
- bei der Beschaffung neuer Arbeitsmittel auf möglichst niedrige Vibrationswerte achten (Datenblatt bzw. Betriebsanleitung)
- Arbeitsmittel regelmäßig warten, um z. B. vibrationserzeugende Unwuchten zu beheben
- stumpfe Werkzeuge instand setzen oder durch neue ersetzen
- Schwingsitze in Fahrzeugen auf ordnungsgemäßen Zustand und richtige Gewichtseinstellung kontrollieren
- Unebenheiten auf Fahrwegen ebnen; ggf. Geschwindigkeitsbegrenzungen festlegen (Gabelstapler!)
- prüfen, für welche vibrationsbelastete Arbeiten Persönliche Schutzausrüstungen verfügbar sind (z. B. Vibrationsschutzhandschuhe), und deren Benutzung vorschreiben
- geeignete Zusatzausrüstungen beschaffen, z. B. vibrationsmindernde Griffe für Werkzeuge
- bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen Vibrationsbelastungen mit einbeziehen lassen