Arbeitsvertrag zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer bei Überlassung ohne Erlaubnis
08.06.2010
Beschäftigt ein Arbeitgeber des Baugewerbes Zeitarbeitnehmer entgegen § 1 b AÜG und liegt zugleich ein Verstoß gegen § 9 Nr. 1 AÜG vor, wird zwischen ihm und den Leiharbeitnehmern nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsvertrag fingiert. Damit sind auch Beiträge zur der Sozialkasse für die „Leiharbeitnehmer“ zu entrichten (so schon: BAG Urteil vom 08.07.1998 – 10 AZR 274/97).
Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen der Beklagten nach dem Sozialkassentarifvertrag des Dachdeckerhandwerks wegen der Beschäftigung von als Leiharbeitnehmer vermittelten Personen. Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes die Einzugsstelle für die ihm als Lohnausgleichskasse und die der Zusatzversorgungskasse des Dachdeckerhandwerks zustehenden Beiträge. Die Beklagte unterhält Betriebe, von welchen Arbeiten des Dachdeckerhandwerks ausgeführt werden. Sie nimmt am Melde-, Beitrags- und Erstattungsverfahren nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Dachdeckerhandwerk (VTV-Dach) teil. Von August 2002 bis Dezember 2003 beschäftigte die Beklagte einen britischen und einen französischen Staatsbürger als Dachdecker, die ihr von einem Zeitarbeitsunternehmen als Leiharbeitnehmer überlassen worden waren. Sie meldete die Personen nicht dem Kläger und entrichtete für sie keine Beiträge. Das Zeitarbeitsunternehmen besaß keine Erlaubnis für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung.
In seiner Entscheidung vom 20.01.2010 (Az: 18 Sa 1339/09) führt das LAG Hessen aus, es habe sich bei dem Vorgang um Arbeitnehmerüberlassung gehandelt und nicht um einen zwischen der Beklagten und dem Zeitarbeitsunternehmen geschlossenen Werkvertrag. Die entliehenen Arbeitnehmer waren vollständig in den Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen und hätten ihre Arbeit allein auf deren Weisung durchgeführt. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass sie zwei Dachdecker angefordert hatte und davon ausgegangen sein, dass es sich um ein zugelassenes Zeitarbeitsunternehmen handelte. Da das Verleihunternehmen keine Erlaubnis besaß, waren die Arbeitsverträge mit den Leiharbeitnehmern gemäß § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG wird daher ein Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten einerseits und jedem der von ihr eingesetzten Dachdecker andererseits fingiert. Dabei ist unerheblich, ob die Beklagte gutgläubig war, also davon ausging, eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung liege vor.
Ergänzend verweist das Gericht darauf, dass mit dieser Überlassung auch gegen § 1b AÜG verstoßen wurde. Demnach ist die Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes grundsätzlich unzulässig. Ein Dachdeckerbetrieb gilt nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 der Baubetriebe-Verordnung als Baubetrieb. Ein Verstoß gegen § 1b AÜG führt für sich genommen nicht zur Anwendung des § 10 AÜG und damit zu einem fingierten Arbeitsverhältnis.
Quelle: LAG Hessen