Endbericht - Evaluation des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG)
30.12.2022
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 21. Dezember 2022 die Ergebnisse der Evaluation der AÜG-Reform, die im April 2017 in Kraft getreten ist, veröffentlicht. Der Forschungsbericht hat das Ziel, die Umsetzung und die Wirksamkeit der Neuregelungen auf Grundlage wissenschaftlicher Daten und Methoden zu untersuchen. Die Ausarbeitung umfasst 439 Seiten.
Die Evaluation kommt zu folgender Gesamtbewertung (Seite 378 ff.):
"Insgesamt zeichnen die hier vorgelegten Ergebnisse ein gemischtes Bild der Wirksamkeit der jüngsten AÜG-Reform im Hinblick auf die Erreichung ihrer Ziele. Zum einen gehen die Neuregelungen aufgrund ihrer hohen Komplexität mit einem hohen Aufwand bei der Implementation und mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit einher. Letztere ist eventuell sogar in der Lage, manchen Akteur vom Markt zu nehmen. Die gewollte Stärkung der Tarifautonomie hat hierbei ebenfalls einen Teil dazu beigetragen, dass Regelungen nun komplexer und fragmentiert sind. Die Tarifbindung selbst hat sich durch die AÜG-Reform nur bei den Verleihbetrieben leicht erhöht.
Die Wirkungen der beiden prominenten Regelungen der AÜG-Reform, der ÜHD und des Anspruchs auf EP, gehen allerdings weitgehend ins Leere, da sie nur wenige Leiharbeitskräfte betreffen. Die Ursachen hierfür sind einerseits die zu geringe tatsächliche Dauer der Leiharbeitseinsätze, andererseits die aus Gründen der Stärkung der Tarifautonomie gewünschte Möglichkeit, per Tarifvertrag von den ansonsten im Gesetzestext vorgesehenen Regelungen zur ÜHD und zu EP abweichen zu können. Zwar zeigt sich in den vorgelegten Analysen eine signifikante Verkürzung der Einsatzdauern, diese ist jedoch zumindest teilweise durch Fehlanreize zu erklären. Aufgrund einer häufigeren Synchronisation der Arbeitsverträge zwischen Verleihbetrieb und Leiharbeitskraft mit den Einsatzdauern kommt es auch zu einer Reduktion der Beschäftigungsdauern. Eine signifikante Verbesserung des Lohns der Leiharbeitskräfte im Vergleich zur Stammbelegschaft, die auf die Reform des AÜG zurückzuführen wäre, lässt sich nicht beobachten.
Diese Betrachtungen machen deutlich, dass in die jüngste Reform des AÜG auch gewisse Zielkonflikte eingeflossen sind, die eine potenziell größere Wirksamkeit der Neuregelung verhindern. Diese Konflikte bestehen einerseits zwischen einer Stärkung der Tarifautonomie durch Ausnahmeregelungen auf der einen Seite und einer Stärkung der Stellung der Leiharbeitskräfte auf der anderen Seite sowie zwischen einer Berücksichtigung branchen- oder betriebsspezifischer Erfordernisse auf der einen Seite und Rechtssicherheit, einheitlichen, einfachen und verständlichen Regelungen auf der anderen Seite. Ohne diese Konflikte aufzulösen, erscheint es schwierig, die Situation des Großteils der Leiharbeitskräfte dauerhaft zu verbessern."
Kompletter Bericht: Evaluation des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) / Bild: BMAS
Kommentare (1)
Nichts
09.01.2023 09:38 Uhr Antworten
Lieber die Bürokratie zurückfahren und den Leiharbeitskräften m/w/d dafür einen höheren Bruttostundenlohn geben. Das wäre auch schon 2017 besser gewesen und eine echte Win-Win-Situation gewesen. Allein die Lohnabrechnung von einem Leiharbeitnehmer m/w/d ist für "viele" schon nicht mehr verständlich und spiegelt den ganzen Bürokratiewahnsinn wieder. Mittlerweile würde meiner Meinung ein Mindestlohn reichen, den Rest regelt der Arbeitsmarkt in der Regel von alleine.